Thorsten, alter Statiker
, ist eben so...
Zu dem Thema, dieser Zahl 19.000, haben mich paar Zuschriften erreicht. Ich bin mir darüber auch im Klaren, dass diese Zahl ja Allem widerspricht, was wir zu wissen glaubten.
Am interessantesten war die Mitteilung eines Users mit einer 21tausender FGST-Nr., Kaufdatum 01/56, Garantiestempel für Tacho und Vergaser von 12/55 und Prägung auf dem Typenschild 1955 als Produktionsjahr. Das legt die Richtigkeit des Produktionsjahres wirklich sehr nahe und straft diese suhler Statistik Lügen.
Ich hab da nun in meinen mittlerweile umfangreichen Unterlagen gekramt und paar Überlegungen angestellt, weil mich diese Frage so bissel bewegt.
Die folgenden Aussagen sind alles Theorie, Überlegungen, wie es gewesen sein könnte. Vielleicht hat von den älteren DDR-Wirtschaftskundigen noch Jemand eine andere Theorie, auf die ich nicht gekommen bin.
Wir sind bis jetzt von einer höheren Zahl produzierter SR1 in 55 ausgegangen. Die taucht auch hin und wieder in Publikationen auf und auch unsere Liste weist das aus. Wolfgang hatte darauf hingewiesen.
Stutzig hat mich in der mir vorliegenden Statistik die Zahl von (gerundet) 19.000 glatt und für 56 die aufs Stück genaue Zahl gemacht. Konnte man 55 noch nicht zählen? Wohl kaum.
Auch ist diese Statistik (die ich übrigens auch in einem Buch gefunden habe!), die die Fahrzeugproduktion in Suhl von 46 bis 81 umfasst, ohne Datum. Vielleicht hat man die 19.000 1981 an hand der Gesamtzahl einfach grob über den Daumen geschätzt oder errechnet? Eine Möglichkeit.
Eine 2. Variante: Der 2. Fünfjahresplan der DDR trat 1955 in Kraft. Darin waren auch die Produktionszahlen für Mopeds festgeschrieben, deren Produktion aber noch garnicht begonnen hatte. Als dieser Start (verspätet, mit Schwierigkeiten) begann, hat man in Suhl zeitig erkannt, dass die Planvorgaben nicht zu halten sind. Die tatsächlichen Verkaufszahlen waren eher sekundär. Hauptsache die Produktionszahl auf dem Papier konnte der Plankommission nachgewiesen werden.
Ende 55 hatte sich der Produktionsablauf so eingeschliffen, dass man einen Überblick hatte, was machbar ist und was nicht. Die 55er Vorgabe war nicht zu erreichen, aber man war für 56 guter Dinge. Also hat man anfang 56 montierte Mopeds einfach auf 55 rückdatiert in der Hoffnung, die nun in 56 fehlenden Fahrzeuge im Laufe des Jahres wieder raus zu holen.
Man bedenke dabei (auch das ist aus Publikationen bekannt), dass die Mopeds ganz zeitnah vom Band über den Versand in die Läden kamen. Die "Halde" kam erst viel später. Es fiel also garnicht auf.
Eine weitere Variante wirft Jürgen ein: Die genummerten Rahmen lagen im Regal, man konnte aber die Mopeds nicht zeitnah komplettieren, weil Zulieferteile fehlten. Auch das ist bekannt. Also hat man, so wie die Teile da waren, komplettiert. Scheiss drauf, was da für eine FGST-Nr. geprägt war und welches Jahr drauf stand.
Rauskriegen werden wir es wohl definitiv nie, obwohl ich mir sicher bin, in den Hinterlassenschaften von Simson im Staatsarchiv findet man noch was.
Dazu müsste man aber Zeit (und Geld
haben und sich ne Wohnung in Meiningen mieten.
Wenn die Sonne der Kultur tief steht, werfen auch Zwerge lange Schatten.
Karl Kraus