Vielleicht überbrücke ich die Wartezeit mit ein paar Infos zu diesem Typ Traktor.
Wir befinden uns im Jahr 1952, die unter sowjetischer Administration stehenden Aktiengesellschaften (SAG) werden gerade von der jungen DDR zurückgekauft und in Volkseigene Betriebe umgewandelt. Man ist dabei, eine halbwegs funktionierende Industrie wieder aufzubauen (nachdem man absurderweise das Wenige, was vom Krieg übrig gebleiben ist, demontiert und als Reparationsleitsung abgeben musste).
So auch in dem Traktorenwerk in Schönebeck an der Elbe, nahe Magdeburg. Hier sind während des Krieges Junkers-Flugzeugteile gefertigt wurden, der Fahrradbau hat durch die Marke Weltrad eine noch viel längere Tradition, und auch ein Zweigwerk der Breslauer FAMO-Werke versucht hier kurz nach dem Krieg, alles Rettbare zusammenzukratzen, um mit gesicherten Unterlagen, technischen Zeichnungen und Plänen in die westlichen Zonen übersiedeln zu können um dort wieder Traktoren bauen zu können (was auch so geschah).
Nun steht man also da - die Landwirtschaft wartet auf Geräte und Maschinen, die Herren von der Partei planen eine rigorose Kollektivierung und es gibt keine Traktorenwerke. Man hat vor, den vor dem Krieg von der Firma FAMO in Breslau gebauten 40 PS-Dieselschlepper in der noch jungen DDR zu bauen, und als geeigneter Standort scheint - wen wundert's - Schönebeck in Frage zu kommen! Doch noch ehe man eine Produktionslinie einrichten kann, entscheiden die Herren von der Partei, dass der neue Traktor, der nun den Namen "Pionier" haben soll, in den Horch-Werken in Zwickau gebaut werden soll (sehr zum Unmut der luxuslimosinenverwöhnten Werksbelegschaft dort). Schönebeck biete nicht genügend Kapazitäten und könne nur als Zulieferer agieren.
(Später wird man die Produktion des Pioniers, welcher eine echte Erfolgsgeschichte hinlegen sollte und zu DEM Traktor überhaupt werden sollte, nach Nordhausen, wo man bereits erfolgreich einen weiteren Traktortyp der ersten Stunde, die sog. Brockenhexe fertigte)
Parallel zu dieser Entwicklung gibt es da aber noch diesen Tüftler im mittleren Alter, sein Name ist mit dem Geräteträgerbau so eng verbunden wie der Rudolf Diesels mit dem Dieselmotor - die Rede ist von Ing. Egon Scheuch aus Erfurt. Im kleineren Umfang baut er Traktoren, die mehr sein sollen als nur pure Schlepper. Er hat die Vision eines Arbeitsgerätes, dass in seinen Einsatzmöglichkeiten vielseitig ist, klein und wendig ist, hohe Bodenfreiheit besitzt und obendrein zuverlässig und einfach zu bedienen ist - ihm schwebt ein Geräteträger vor. Und tatsächlich steckt in ihm ein Vorreiter, neben einigen Einachs-Entwicklungen stellt er der Öffentlichkeit 1950 ein kleines vierrädriges Gerät vor, das den Namen "Maulwurf" trägt, ohne weitere Typenbezeichnung. Es besteht im Ganzen nur aus einem Stahlträger, durch den die Antriebsachse verläuft, und an dessen Stirnseite vor den Vorderrädern ein Einzylinder-Zweitakter vom Typ TL 500 (DKW) sitzt. Dieses unkoventionelle Gefährt, das durch seine hohe Bodenfreiheit und Übersichtlichkeit (der Fahrer hatte durch den Anbau von Geräten zwischen Vorder- und Hinterachse einen perfekten Überblick) bestach, wurde in Chemnitz und Schönebeck (!) in wenigen Exmplaren gebaut. Der Name Maulwurf war hier noch Programm, da das Gefährt mit seinem gedungenen Erscheinungsbild, den kleinen Rädern und dem stirnseitigen Motor samt Tank tatsächlich diesen Vergleich zum Tierreich zuließ.
Es kam allerdings nicht zu einer Serienfertigung, zu groß war der Bedarf an zunächst größeren Traktoren und Maschinen.
Aber Scheuch entwickelte weiter, es kamen mitunter skurile und interessante Entwicklungen zutage, und nach einem Rundholm-Versuchsmuster mit dem Namen "Spinne" hatte man dann am Jahresende 1952 die vorläufig endgültige Variante des "Maulwurfs", dessen Name in diesem Falle nur noch von Scheuchs erster Entwicklung herrührte und nichts mit dem Erscheinungsbild des neuen Traktors zu tun hatte.
Dieser neue Traktor hatte große Speichenräder als Antriebsräder mit grobem Profil, hatte (im Gegensatz zu den ebenfalls nicht minder interessanten Geräteträger-Entwicklungen aus der damaligen BRD) nur einen zentralen Befestigungsholm für die Geräte und sein Motor saß als tragendes Bauteil vor dem Fahrersitz am Ende des Geräteholms und war mit dem Getriebe verblockt. Da zu dieser Zeit noch kein geeigneter Dieselmotor entsprechender Größe verfügbar war, improvisierte man, und verbaute den abgeänderten Zweizylinder-Zweitakt aus dem PKW F8, weil das neue Fahrzeug ja nicht zum Lastenschleppen gedacht war, sondern wirklich nur als leichter Pflegeschlepper für Reihenkulturen oder Stallarbeiten.
Natürlich erwies sich die Motorwahl für einen Traktor nicht besonders glücklich, und 1954 erfolgten nach 1986 gebauten Exemplaren einige Ändereungen am Motor, am Getriebe, an der Lenkung, dem Tank und den Reifen. Auf diese Änderungen werde ich dann an späterer Stelle, wenn die Restauration soweit fortgedrungen ist, näher eingehen.
Damit wären wir dann auch bei dem verbesserten Modell des nun "RS 08/15" getauften Maulwurfs, welcher sich nun in meinem Besitz befindet und auf ein zweites Leben wartet.
Der Bau des selbigen erfolgte in den improvisierten Werkshallen des VEB Traktorenwerks Schönebeck, wo bis 1956 insgesamt 5751 Sck. davon das "Band" verließen, und zu dem es bereits damals über 40 verschiedene Anbaugeräte gab.
1957 einigte man sich mit einem österreichischen Dieselmotorenhersteller (Warchalowski) auf einen Lizenzvertrag, und die Weiterentwicklung RS 09 erblickte nach einer langen Anlaufphase das Licht der Welt und eroberte die Erdteile in einer Erfolgsstory, welche allerdings eine andere ist und ebenfalls zu viiiiiel Text führen würde

...
Die Nachfolger des Maulwurfs, das sei hier noch erwähnt, brachten dem Traktorenwerk allerdings Weltruhm ein und erfreuen sich zum Teil noch heute eines erfüllten Arbeitslebens!
In Schönebeck werden heute WIEDER Traktoren gebaut, wenngleich in weitaus geringerer Stückzahl als anno dazumal, was vielleicht auch daran liegen mag, dass 90% des ehemaligen Werksgeländes leerstehen und die Achterbahnfahrt der Nachwende-Privatisierung nicht überlebt haben.
Das alles soll mich aber nicht daran hindern, meinen "Molli" wieder schick zu machen.
Fortsetzung folgt....
Angefügtes Bild
