Brauchst das Buch nicht ausleihen, ich habe es hier vor mir liegen.
Hier der ganze Bericht zur Entstehung der Schwalbe. Quelle: Schwalbe DUO Kultmobil Vom Acker auf den Bolevard von Jörg Engelhardt
Die Geburt der "Schwalbe"Anfang 1963 kam es zu Absatzschwierigkeiten bei den Mopeds SR 2 E und KR 50, den Vorläufern der Schwalbe. 4.860 Mopeds standen im Februar auf dem Betriebsgelände "auf Halde." Die Situation spitzte sich so zu, daß regelmäßig Mitarbeiter aus den Büros zum Mopedputzen abgestellt werden mussten. In den folgenden Monaten kam es zu einer Überproduktion von insgesamt 25.000 Fahrzeugen. Zu guter Letzt beschäftigte sich sogar das Büro des Ministerrates der DDR mit dem Absatz. Von dort sorgte man für Verträge mit dem Handel, Ungarn kaufte einige Mopeds, für den Rest wurden vorübergehend Lagerhallen zur Verfügung gestellt.
Jeder Mitarbeiter des VEB Fahrzeug- und Gerätewerks Suhl konnte für 10 Pfennige die Betriebszeitung "Motor" erwerben. Neben Leitartikeln, die der ideologischen Ausrichtung dienten und der Vorstellung jener Kollegen und Genossen, die sich als Berufs- und Zeitsoldaten verpflichtet hatten, erfuhr man auch immer etwas Neues über einige Vorgänge im Betrieb. Meist Erfolgsmeldungen, aber alles andere wußten die Mitareiter ja auch so. in der Ausgabe vom 27.6.1963, knapp acht Monate vor der Produktionsaufnahme am Schwalbe-Band, erschien folgender Artikel:
Wie sollen sie heißen? Namen für unsere neuen Fahrzeuge gesucht. Der beste Vorschlag wird prämiert."....ein zündender Name, der Anklang findet und zum Begriff wird....Sie sollen neu sein, ....sie sollen auch im Ausland Anklang finden, und sie sollen klangschön sein.....
Nun hat sich schon ein ziemlich weiter Kreis von Experten mit der Namensgebung befaßt, und man wählte folgende Benennungen aus:
"Simsonette, Tramp, Motte, Trix, Baby Suhl, Simson-Duett, Simson-Puck, Filius, Iltis, Summer, Trotter, Muli mit der Erweiterung Muli-Sport und Muli Luxus usw., Suli-Super, Cherry, Suhlette, Boy, Moto-Suhl, Biene, Susi (als Kombination der Worte Suhl, Simson), Curry...."
Am 24.10.1963 lesen wir im "Motor":
Er heißt Schwalbe."Wie wir von der Werksleitung erfuhren, sind die Namen für unsere neuen Fahrzeuge nun gefunden worden. VVB, Deutscher Innen- und Außenhandel und unser Betrieb suchten gemeinsam, und da musste ja schließlich was rauskommen. Danach wird unser KR51 den Namen Schwalbe tragen. Es gibt im Betrieb eine ganze Schaar, die wie wildgewordene Spatzen auf diese Namen schimpfen. Die Betriebszeitung und viele Leser vertreten einen gemäßigteren Standpunkt und meinen, daß die Namen doch ganz nett sind, denn schließlich hätte es viel schlimmer kommen können."
Wahrlich. - Die Vogelserie war geboren: Spatz, Star, Schwalbe, Sperber und Habicht. Alle 50ccm, alle Zweitakter und, außer dem Spatz und dem Sperber, alle mit 60 km/h maximaler Geschwindigkeit.
Es war der neue Motor, der diese Serie auszeichnete. Mit seiner Entwicklung hatte man bereits Anfang der 60er Jahre begonnen. Der M53, der durch sein Baukastensystem variationsfähig war, wurde ergänzt durch weitere technische Entwicklungen und Verbesserungen. Im Volkswirtschaftsplan 1962 waren im Plan "Neue Technik" die Vorarbeiten für die Produktionsaufnahme fixiert. Das betraf unter anderem die Entwicklung eines 3-Gang-Schaltgriffes für den KR 51, die Konstruktion einer neuen Radnabe und die Gestaltung der Karosse des neuen Kleinrollers.
Dafür wurden keine Designer bemüht, die gab es in der DDR zu dieser Zeit noch nicht. Das Aussehen der Schwalbe stimmten die Konstrukteure im Kollektiv unter der Berücksichtigung der neueren Technik und auf der Grundlage des Vorgängermodells KR50.
Auf Initiative der VVB wurde am 6. Februar 1963 vorgeschlagen, ab April 1964 eine größere Zahl der neuen Kleinroller KR 51 zu produzieren, die der Handel auch abnehmen wollte. In Suhl wurden die Vorbereitungen für die Produktion mit Hochdruck vorangetrieben.
Die in den folgenden Wochen gebaute Nullersie bestand zunächst aus 20 Fahrzeugen. Schon bei diesen ersten Fahrzeugen war die elektrische Anlage ein besonderes Problem; zudem erwies sich die Handschaltung als zu kompliziert.
Bis zum 19. November wurden fünf Schwalben intensiv getestet. In drei Wochen legte jedes Fahrzeug 8.000 Kilometer zurück. Die Schwalben wurde in drei Schichten Tag und Nacht über Landstraßen und Autobahnen, durch Nebel und Nässe gejagt, immer wieder untersucht und gemessen.
Nach Ablauf der Tests wußte man: der Motor und der neue Kettenschutz hatten sich bewährt, die Schaltung, die Elektrik und der Vergaser machten Schwierigkeiten. Die Schaltung wurde im Prüfbericht als ein besonderes Problem beschrieben:
"Das Auffinden des Leerlaufes bei stehendem Fahrzeug ist schwierig. Der Drehgriff rastet zwar in die Leerlaufstellung ein, der 2. oder 1. Gang verbleibt jedoch meist eingelegt."
Die meisten Mängel wurden vor Beginn de Serienproduktion abgestellt, die Fußschaltung konnt erst etwas später eingeführt werden. Das für die Erzeugnisprüfung zuständige Amt (DAMW) verweigerte aber zunächst das Prüfzeichen für den Motor.
Durch intensive Prüfungsarbeit mußte erst die Behauptung, die Kurbelwelle habe nicht die ausreichende Standfestigkeit, widerlegt werden. Die Schwalbe bekam dann das Prüfzeichen "1".
Am 1.2.1964 wurde die Serienproduktion aufgenommen. Anfangs gab es jedoch immer wieder Probleme in der Produktion. Zum Beispiel konnten die geplanten Fertigungszeiten von 2 Stunden pro Stück nicht erreicht werden. Zum anderen fehlten 120 Arbeitskräfte. Einen weiteren Grund nannte ein vertrauliches Papier:
"....die Arbeitszurückhaltung von vielen Werkstätigen durch die Einführung der neuen Norm ohne den nicht leistungsbezogenen Zuschlag."
Und hier nochmal ein kurzer Bericht der im "Motor" vom 24.10.1963 zu lesen war:
"Trotz alledem. 1. Fahrzeug der Nullserie am Sonnabend auf die Räder gestellt. Unter ungeheuren Schwierigkeiten ist es nun dan der vorbildlichen Einsatzbereitschaft und Initiative der Simsonarbeiter und auch, nachdem die Termine mehrere Male verschoben worden waren, gelungen, am Sonnabend, dem 19.Oktober, am Vortag der Volkswahl, den ersten KR 51, allerdings ohne Lackierung, auf die Räder zu stellen."
Viel Spaß beim lesen Grüße Jörg